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Habgier

Habgier

«Du sollst keine anderen Götter haben neben mir» (Exodus 20,3)

 

Habgier wird seit Urzeiten vergöttert. Sie führt die Menschen bisweilen in Trance und irrationales Handeln. Im 17. Jahrhundert erlebten die Niederlande aufgrund ihrer Überseekolonien einen regelrechten wirtschaftlichen Boom. Die Reichen entdeckten in der exotischen Tulpenzwiebel ein Objekt der Begierde und lösten einen regelrechten Handelsrausch aus. Bald übertraf die Nachfrage das Angebot, die Preise explodierten. Eine einzige Zwiebel konnte für 1000 Gulden den Besitzer wechseln. Dafür musste ein normaler Arbeiter mehrere Jahre hart schuften. Weil einige Zwiebeln so viel kosteten wie eine Villa, nahmen die Spekulanten hohe Kredite auf. Zwiebeln wechselten mehrmals am Tag den Besitzer. Sogar Zwiebeln, die noch im Boden steckten, wurden mittels Optionsscheinen gehandelt.

1637 platzte die Tulpenblase. Ein besonders teures Exemplar fand keinen Käufer, und auf einmal wollten alle ihre Tulpen loswerden. Die Preise sackten in den Keller. Viele Niederländer verloren durch das Platzen der Spekulationsblase Hab und Gut. Historiker schätzen, dass es eine ganze Generation dauerte, bis sich die Wirtschaft von diesem Tulpenfieber erholte.

 

Immer mehr und nie genug

 

Gelernt haben die Menschen aus dieser Katastrophe nichts. Tulpen wurden einfach durch Bitcoin und «.com» ersetzt. Unzählige Spekulanten wollen am grössten Spiel der Welt, der Börse, ganz ohne harte Arbeit ein Vermögen machen. Mit seriöser Investition hat das in vielen Fällen nichts zu tun, denn man setzt nicht auf satte Dividenden, sondern auf möglichst schnelle Kursgewinne oder wettet sogar auf fallende Kurse. Aktien werden nicht jahrelang gehalten, sondern im Minutentakt gehandelt, vielfach mit in Computer eingespeisten Algorithmen, die automatisch Käufe oder Verkäufe tätigen. Reiche manipulieren das Finanzsystem zu ihren Gunsten und machen noch mehr Gewinne.  Das Spiel aus Gier und Verzweiflung wiederholt sich in regelmässigen Abständen. Der nächste Crash kommt bestimmt, denn das Vertrauen in digitale «Werte» wird platzen.  

Doch muss man nicht reich sein, um der Habgier zu verfallen. Auch als normale Konsumenten wollen und kaufen wir immer mehr. Das Tempo steigt rasant. Die Digitalisierung hat uns in einen Kaufrausch versetzt, denn Einkaufen geht digital super einfach und sogar global. Mächtige Konzerne wissen dank den Daten aus dem Netz fast alles über uns und überhäufen uns mit unwiderstehlichen Angeboten. Die Politik fördert diese Gier munter mit, denn nur das ständige Wirtschaftswachstum garantiert den zunehmenden Wohlstand. Entsprechend klagte ein Ständerat Ende Januar in einer Talksendung, dass sich das Parlament praktisch nur noch mit Fragen der Wohlstandsoptimierung beschäftige.   

 

Habgier frisst uns auf

 

Es ist völlig klar, dass dieses ganze System, das auf unendliches Wachstum setzt, zusammenbrechen wird, weil man nicht in einer endlichen Welt unendlich wachsen kann. Aber Stagnation oder Zufriedenheit mit dem Vorhandenden ist in unserer Gesellschaft undenkbar, obwohl es funktionieren würde. Die Lösung läge darin, sich mit dem zu begnügen, was man hat. Stattdessen betet man den Materialismus an, der die Wurzel aller Übel ist (1Tim 6,6-10). Die ungezügelte Gier wird in der Bibel scharf kritisiert: Habgier ist Götzendienst! (Kol 3,5). So gesehen haben selbst Atheisten ihren Gott. Was immer wir vergöttern, dem schenken wir unser Herz (Mt 6,21). Wer Geld oder Besitz anbetet, wird nie genug bekommen. Wer seinen Körper verehrt, wird depressiv, wenn der Zahn der Zeit dieses Idol erodieren lässt. Wer Macht und Stärke anbetet, fühlt sich trotzdem schwach und ängstlich. Wer seinen Verstand anbetet, wird dennoch das Gefühl nicht los, ein Hochstapler zu sein.

Glücklich, wer seinen wahren Reichtum und seine Würde bei Gott gefunden hat. Dieser Wert geht nie verloren! (Mt 6,20).  

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