«Mein sicheres Gefühl des Glaubens scheint verschwunden, ich habe nur noch Gedanken und Argumente, die gegen den Glauben sprechen.» So schilderte neulich eine Christin ihre momentane Glaubenskrise. Wir alle kennen wahrscheinlich ähnliche Gedanken. Gott scheint fern zu sein, so dass wir gar an seiner Existenz zweifeln. Theologische Streitfragen sind in solchen Phasen zweitrangig, es geht dann tatsächlich um alles oder nichts. In dieser Stimmung hätten wir gerne etwas Handfestes, etwas Sichtbares. Am liebsten wären uns wissenschaftlich Fakten, die wir mit anerkannten Methoden überprüfen könnten. Aber Gott lässt sich leider nicht mit unbestreitbaren Fakten beweisen.
Glaubst du noch, oder denkst du schon?
Viele machen sich über die unwissenschaftliche Methode der Theologie lustig. Theologen würden Annahmen völlig ungeprüft als Wahrheit verkündigen. Wissenschaftlich wäre zum Beispiel, nach der Vermutung, eine Steckdose könnte unter Strom stehen, dies auch mit einem entsprechenden Gerät zu überprüfen. Christen dagegen, so lautet der Vorwurf, behaupten bloss: «In der Steckdose ist Strom!» Sie glauben ohne Prüfung. «Glaubst du noch, oder denkst du schon?», heisst deshalb die spöttische Frage. Doch wie sollten Menschen die Existenz eines übernatürlichen Gottes wissenschaftlich beweisen oder widerlegen können? Abgesehen davon, dass es auch wissenschaftlich kein absolut gesichertes Wissen gibt und wir nichts finden könnten, was verhärtete Atheisten überzeugte, wäre eine rein wissenschaftliche Erkenntnis Gottes nutzlos und unfruchtbar. Denn diese führt nicht zwingend zu Christus.
Glauben ist eine Beziehung und keine Wissenschaft
Zum Glauben an Gott kommt man nicht durch Sehen, Wissen und Beweise, sondern indem Gott uns begegnet. Gott ist eine Person. Will man eine Person kennen lernen, muss man ihr persönlich begegnen. Auch Christen vergessen manchmal, dass die Beziehung zu Gott keine Wissenschaft ist. Glauben ist immer noch Vertrauen und nicht Sehen oder Wissen (2. Korintherbrief 5,7). Wer aber glaubt, wird immer deutlicher sehen und wissen, wie einleuchtend und verständlich das Bekenntnis zu jenem Gott ist, der uns durch Jesus Christus die Schuld vergibt und ewiges Leben schenkt. Was aber, wenn diese Zuversicht zuweilen kaum oder nicht vorhanden ist, wenn Zweifel überhandnehmen? Zweifel gehören zu uns Christen wie der Glaube. Wir können dem Zweifel nicht ausweichen. Aber, und das ist die gute Nachricht, wir können noch viel weniger dem Glauben davoneilen. Während der Glaube siegen und belohnt werden wird, muss der Zweifel schliesslich das Feld räumen. Und nebenbei bemerkt: Atheisten zweifeln an ihrem Unglauben wahrscheinlich noch mehr als Christen zeitweise an ihrem Glauben. Bedeutet für uns der Satz «Vielleicht ist es nicht wahr» eine Anfechtung, so ist das «Vielleicht ist es ja doch wahr» für die Ungläubigen eine Folter.