«Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit deiner ganzen Kraft» (Deuteronomium 6,5).
Mögen Sie halbe Sachen? Wer sich ein Haus bauen lässt, wird nicht glücklich, wenn Türen, Fenster oder Wasserleitungen fehlen. Mitunter sind halbe Sachen völliger Unsinn. Ein Airbus mit nur einem Flügel wird nie vom Boden abheben, eine Fähre ohne Bug- und Heckklappen wird schon beim Stapellauf sinken.
Gott will uns ganz
Auch Gott mag keine halben Sachen. Er begnügt sich nicht, wenn wir ihn nur mit halbem Herzen, halber Seele und halber Kraft lieben. Gott will uns ganz. Das fällt uns wahrscheinlich so schwer wie jenem jungen und reichen Mann, der bei seiner Begegnung mit Jesus bereit war, viel, aber bekanntlich nicht alles zu geben. «Setze nie auf nur ein einziges Wertpapier!», lehren uns die Börsenspezialisten als höchstes Gebot. Vielmehr raten sie: «Verteile dein Risiko möglichst breit!» Die Entscheidung für eine einzige Sache fällt uns naturgemäss schwer. Wir möchten möglichst viele Optionen offenlassen. Aber Jesus geht aufs Ganze: «Niemand kann zwei Herren dienen» (Matthäus 6,24). Bei Entscheidungen lassen wir gerne ein Hintertürchen für eine Alternative offen. Auch das ist keine Option in Sachen Dienst für Gott: «Niemand, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes» (Lukas 9,62).
Bitte stets das ganze Programm
Gott ganz dienen bedeutet auch, seinen gesamten uns offenbarten Willen zu erforschen und zu lehren. Paulus bestätigt den Christen bei seinem Abschied in Ephesus, dass er sich nicht der Pflicht entzog, ihnen den GANZEN Willen Gottes zu verkünden (Apg 20,27). Er ist sich bewusst, dass auch Christen den Hang zur Einseitigkeit haben. So picken wir uns die Texte aus der Bibel, die uns am besten ins Konzept passen. Da ist zum Beispiel nur noch vom Himmel die Rede, aber nicht mehr von der Hölle. Da predigen wir nur noch eine Wohlfühlspiritualität und verschweigen Kampf, Krankheit und Tod. Gottesdienst bedeutet für einige nur reden und singen. Dabei vergessen sie, dass Jesus uns auch auffordert, uns um Kranke, Gefangene und Arme zu kümmern.
Wir beharren gerne auf dem Pauluswort, dass Christen alles erlaubt ist, verweigern uns aber seinem Aufruf zu einem heiligen Leben. Unser geistliches Flugzeug gerät durch diese Einseitigkeiten früher oder später in eine gefährliche Schieflage und droht abzustürzen. Auf der anderen Seite rücken wir durch unsere verengte Beschäftigung mit theologischen Lieblingsthemen die Randbereiche biblischer Lehre in den Mittelpunkt. Beliebt sind Endzeitspekulationen, ausgeklügelten Dämonologien, besonderen Manifestationen des Heiligen Geistes oder die perfekte biblische Gemeinde. Der Kern des Evangeliums geht verloren. Das Frachtschiff, das nur auf Backbordseite beladen wird, sinkt beim ersten Sturm. Genau so führt eine ungesunde Beschäftigung mit einem biblischen Steckenpferd früher oder später zu einer ungesunden oder gar kranken Theologie. Dieser Versuchung zu widerstehen, bleibt stets aktuell. Doch wissen wir: Wenn Theologie aufs Ganze geht, dann klammert sie keine unangenehmen Aussagen der Bibel aus, noch beschäftigt sie sich nur mit Lieblingsthemen. Sie lehrt das ganze Programm Gottes.