«Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde» (Lukas 24,21)
Wenn die Freiheit eingeschränkt wird, der private Besitz nicht mehr geschützt ist, das Einkommen wegbricht, die Gesundheit der Krankheit weicht und die geliebte Heimat zu verschwinden droht, ist der Ruf nach einem Retter unüberhörbar. Israel erlebte in seiner langen Geschichte viele dunkle Stunden, in denen jeweils die Hoffnung nach jenem Genie aufkeimte. Einer, der Israel erlösen würde. Die Geschichte des Alten Testaments zeigt ein einziges Sehnen nach diesem ultimativen Retter, dem perfekten König und treuen Gottesdiener. Im Gegensatz zu Adam würde er den Bund mit Gott halten. Dieser, so versprachen die Propheten, würde die Welt aus ihrem Elend befreien. Kandidaten für diese Aufgabe gab es im Alten Testament mehr als genug.
Rettung durch menschliche Versager?
Da wäre Noah zu nennen, den Gott damit beauftragte, die Lebewesen vor der Ausrottung zu retten. Es gelang ihm. In heutigen Herausforderungen wie der Klimakrise und anderen Bedrohungen immerhin ein Geniestreich, der des Nobelpreises würdig wäre. Doch Noah legte in seinem Übermut nach gelungener Mission ein Benehmen an den Tag, das eines Weltretters nicht würdig ist. Oder Moses, ein am ägyptischen Königshof ausgebildeter Prinz, der mit Gottes Hilfe Israel aus der mörderischen Unterdrückung einer Grossmacht in die Freiheit führte. Er, der ultimative Retter? Offensichtlich nicht, denn er starb ausserhalb der neuen Heimat, weil er nicht auf Gott gehört hatte. David, ein weiterer Kandidat. «Mann nach dem Herzen Gottes» wurde er genannt. Der ideale König, der Israels Feinde wirkungsvoll in ihre Grenzen wies. Doch auch er versagte, wurde zum Ehebrecher und Mörder. Auch er nicht wirklich der Retter, auf den Israel hoffen durfte. Sollte es Salomo sein, der klügste Herrscher, der je auf diesem Planeten lebte, der auf jede Frage eine Antwort wusste und dessen Urteile wegweisend waren, der aber nicht weise genug war, um sich vom Götzendienst seiner vielen Frauen fernzuhalten? Oder König Joschiahu, der nach dem Studium des Gesetzes Moses eine beispiellose geistliche Reformation startete, das Land vom Götzendienst freifegte, aber in der Schlacht gegen den Pharao starb, weil er eigenwillig gehandelt hatte?
Versager, aber Wegweiser des perfekten Retters
Keiner der vielen Anwärter passt in das Profil des perfekten Retters, der dieser Welt endgültig Frieden und Ruhe bringt. Selbst die schier ultimative Weisheit Salomos war nicht die Weisheit Gottes, wie sie sich schliesslich in Christus zeigte. Und doch brauchte Gott diese Kandidaten als Vorläufer und Wegweiser auf Christus, der diese Retter-Aufgabe letztlich perfekt erfüllte. Gleiches lässt sich über die Gläubigen im Neuen Testament sagen: Auch hier finden wir eine Geschichte von Versagern, die Gott durch seine Gnade zu seiner Ehre einsetzte, indem er mit ihnen und durch sie den ultimativen Retter bekannt machte: Jesus Christus!
Propheten, Priester, Könige, Pfarrer, Reformatoren, Evangelisten, Dozenten, Leiter von theologischen Seminaren, Christen: Sie alle sind ganz bestimmt nicht perfekt. Auch sie versagen kläglich. Sie sind mit Sicherheit nicht das Evangelium. Aber wer das Evangelium kennt, wird zu dessen Wegweiser. Zum armseligen zwar, aber immerhin doch zum Richtungsschild auf den, der an unserer Stelle perfekt gelebt hat und für unser Versagen bestraft wurde: Jesus Christus. Beim Evangelium geht es nie um gute Nachrichten über Menschen und deren hervorragende Leistungen, sondern um Gottes gute Nachricht für Menschen. So blicken wir dankbar auf Gott, der in seiner Gnade schwache und fehlerhafte Menschen befähigte, das Evangelium Gottes einer gebrochenen Welt zu bringen.