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Rettungsstation in unwirtlicher Gegend

Es ist ein brütend heisser Sonntagmorgen. Das Thermometer zeigt 46°C im Schatten. Meine Frau und ich verlassen das angenehm temperierte Hotelzimmer und besuchen den Gottesdienst in einer schlichten Kirche ganz in der Nähe. In einem Land, in dem 99 % der Bevölkerung dem Islam angehören, ist es aussergewöhnlich, dass wir so schnell eine Kirche finden. Protestanten und Katholiken teilen sich das äusserst bescheidene Gotteshaus – und gelegentlich auch den Pastor. Angesichts der erdrückenden islamischen Mehrheit ist hier nichts vom Machtgehabe einer staatlich anerkannten Kirche zu spüren. Die rund vierzig Gottesdienstbesucher strahlen eine natürliche Herzlichkeit aus. Sie freuen sich über Besucher und sind dankbar für jede Ermutigung. Der Ablauf des Gottesdienstes ist einfach und spontan. Er ähnelt dem einer kleinen Aufbaugemeinde in der Schweiz. Unter der allgegenwärtigen Einschüchterung und Repression der übermächtigen islamischen Religion gewinnt die Predigt des diensthabenden katholischen Priesters erstaunliche biblische Konturen. Ohne jeden zeremoniellen Schnickschnack konzentriert er sich auf das Zentrum des Evangeliums, auf Jesus Christus. Mit Epheser 1,5 ermutigt er die Gläubigen mit einfachen Worten, Jesus treu zu sein. 

Eine einsame Kirche

Mit grossem Erstaunen erfahren wir, dass diese Kirche die einzige christliche Niederlassung im Umkreis von 500 km ist. Dabei steht sie mitten in einer Stadt mit über einer Million Einwohnern und ist lediglich für deutschsprachige Christen gegründet worden, die dort leben und arbeiten! Auch fast 2000 Jahre nachdem Jesus seine Schüler in alle Himmelsrichtungen schickte, gibt es sie immer noch: Städte und Regionen, in denen Christus nicht bekannt ist. Nicht nur, dass Christen das Evangelium in neue Gebiete bringen sollten, auch wo es einmal bekannt war, ist es wieder in Vergessenheit geraten. So auch in der gesamten Region, die wir jenem Sommer besuchten. Paulus hatte hier höchstpersönlich gelehrt und Kirchen gegründet. Doch das ist lange her. Das Feuer jener Gemeinden ist längst erloschen.

Evangelium verkündigen, wo Christus nicht bekannt ist

Der Eifer und die Strategie des Apostels sind heute gefragter denn je. Nachdem Paulus in den Ballungszentren Kleinasiens und Griechenlands das Evangelium gepredigt hatte, zog es ihn in den fernen Westen des Römischen Reiches, nach Spanien. Paulus war weit davon entfernt, Gemeinden zu gründen, die von unzufriedenen Kirchgängern aus den Nachbargemeinden leben. Vielmehr setzte er stets alles daran, «das Evangelium nur dort zu verkündigen, wo Christus noch nicht bekannt war» (Römer 15,20). Das haben sich auch die Gläubigen zu Herzen genommen, die wir an jenem Sonntag besuchten. Der Pfarrer erklärte, dass sie Menschen retten wollen. Dazu bräuchten sie nicht eine moderne technische Ausrüstung in einem komfortablen Gebäude, gewissermassen ein Klubhaus. Nein, sie wären mit ihrem Status als primitive Rettungsstation ganz zufrieden. Hauptsache Menschen finden zum Glauben an Christus. 

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