«Wer die Formen nie erneuert, steht in Gefahr, den Inhalt zu verlieren.» Dieser Satz stammt von einem weisen 85-jährigen Evangelisten. Er hat Recht. In brüchigen Schläuchen verliert man den kostbaren Wein, warnt auch Jesus. Ein altes Prinzip, das uns Christen stets herausfordert.
Sprache veraltet
Für unsere Familienandacht war gerade keine moderne Bibelübersetzung vorhanden. So griffen wir zur guten, bewährten Lutherbibel. Jonathan, unser Ältester, las den vorgegebenen Abschnitt, stolperte aber immer wieder über Begriffe, die für ihn weder alltäglich noch bekannt waren. Dabei lasen wir nicht aus der Original-Lutherbibel aus dem Jahr 1534, sondern aus der Ausgabe von 1984! Unsere Teenager sind nicht vertraut mit einer Sprache, die erst ein paar Jahrzehnte alt ist. Um eine Bibel zu übersetzen, brauchen die Fachleute im Schnitt etwa 20 Jahre. Und der Wortschatz der Übersetzer ist jeweils auch schon einige Jahrzehnte alt, denn im Normalfall sind das keine frischen Schulabgänger. So liegen zwischen dem Wortschatz unserer Kinder und der Ausdrucksweise der Bibelübersetzer oft mehr als ein halbes Jahrhundert. Genug lang, um Verständnisprobleme auszulösen!
Form ist nicht Inhalt
Jede Generation steht vor der Herausforderung, die Bibel in eine Sprache zu übersetzen, die heute gesprochen und verstanden wird. Dabei zwischen Inhalt und Form zu unterscheiden, setzt viel Fingerspitzengefühl voraus. Die Sprache zu konservieren, geht definitiv nicht. Niemand spricht heute wie Martin Luther im 16. Jahrhundert. Völlig unnötig ist, die Zielsprache in eine Milieusprache zu verpacken, wie das etwa die umstrittene «Volxbibel» tut. Jeder Volxbibelleser versteht normales Deutsch. Keiner bewirbt sich bei einer Firma mit einer Gassen- oder Fäkalsprache für einen Job. Falsch ist auch, die historische Distanz zwischen der biblischen und heutigen Zeit völlig aufzulösen oder den Inhalt der Bibel ideologisch zu färben. Ist von 12 Jüngerinnen und Jüngern oder gar von der Göttin die Rede, dann hat die Form den Inhalt massiv verändert. Übersetzt dagegen die neue Zürcher Bibel die damals zeitgemässe Anrede «liebe Brüder» mit «liebe Schwestern und Brüder», ist dagegen nichts einzuwenden, wenn der Text die gesamte Gemeinde anspricht.
Gute Verpackung bewahrt die Qualität
Die Prinzipien einer guten Bibelübersetzung gelten auch, wenn wir den Inhalt des Evangeliums bekannt machen. Christen sollen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel wie Radio, Fernsehen und Internet einsetzen und darauf achten, dass sie sich in einer dort verständlichen Sprache mitteilen. Die Form muss stets neu und aktuell sein, sonst leidet der ewig gültige Inhalt Schaden, wird verwässert, verharmlost oder falsch verstanden. Wie guter Wein seine Qualität nur in der richtigen Verpackung behält, braucht auch das Evangelium die richtige Form, wenn seine Qualität zur Geltung kommen soll. Christen sollten nicht durch eine altmodische Sprache und verstaubte Formen auffallen. Vielmehr bleibt die unveränderliche Botschaft des Evangeliums gerade im modernen Gewand so provokativ und folgenreich wie vor 2000 Jahren.